DAS DRAMA DES UNGEBORENEN ZWILLINGS

Ein bisher kaum wahrgenommenes Phänomen ist ein im Mutterleib heranwachsender Zwilling, der jedoch vor der Geburt stirbt. Für „Überlebende“, die ihr  Zwillingsgeschwisterchen vor der Geburt verloren haben, kann dieses frühe schockartige Erlebnis tragische und traumatische Folgen haben. Die rastlose Suche nach irgendetwas, Schuldgefühle (am Leben zu sein?), Verlustängste, Identitätskrisen, Dualseelenproblematiken, ein Leben für „zwei“, Todessehnsucht und weitere Blockaden, welche die Lebensqualität deutlich einschränken, sind für sie oftmals eine Qual. Unbestätigten Schätzungen zufolge geht man davon aus, dass ca. 10% aller Menschen im Mutterleib nicht alleine waren – die Angaben variieren jedoch sehr stark! Stirbt ein Zwilling als Embryo oder als Fötus, verwächst der winzige Körper meistens spurlos mit der Plazenta, oder es gibt eine von der werdenden Mutter kaum zur Kenntnis genommene Blutung. Hin und wieder bleiben von einem verlorenen Zwilling aber sogar mumifizierte Körperteile oder Härchen übrig, die bei der Geburt des überlebenden Zwillings von Hebammen und Ärzte verschwiegen werden, um die Eltern nicht zu verunsichern. 

Was sich im Mutterleib abspielt, wenn einer stirbt, ist für den Überlebenden eine Katastrophe ungeheuren Ausmaßes. Ein lautloses Drama mit schlimmsten Folgen. Erst die Erkenntnisse der pränatalen Psychologie lassen ahnen, wie schwer manchmal der Verlust eines Zwillings erlebt wird. […] Die Menschen, die einen Zwilling in der frühen Schwangerschaft verloren haben, reagieren häufig ähnlich wie ein Erwachsener, der sein Zwillingsgeschwister verliert. „Das Drama im Mutterleib – Der verlorene Zwilling“ Austermann, Königsweg Verlag ISBN 978-3-9812471-2-1 

Babys im Mutterleib nehmen alles wahr!

In den letzten Jahren änderte sich die Erkenntnis der Wissenschaft grundlegend dahingehend, dass Embryos und Föten ihre Umgebung, Emotionen und äußere Einflüsse eben doch viel deutlicher wahrnehmen, als vormals angenommen wurde. Bereits den Tod hautnah miterlebt zu haben, muss allerdings ein schwerwiegendes Erlebnis gewesen sein, was Konsequenzen auf das spätere Leben haben kann. Wenn das kleine Leben des einst munteren Zwillings plötzlich aufhört und als toter „Klumpen“ im Mutterleib zurückbleibt, neben dem Lebenden, kann man heute aufgrund zahlreicher therapeutischer Erfahrungen von einem langanhaltenden Schockzustand sprechen. Die Mutter indes spürt so eine Katastrophe in den wenigsten Fällen. Kinder können sich oftmals ganz genau an ihre kleine Welt vor der Geburt erinnern; und so erzählt eine Mutter im Buch „Der verlorene Zwilling“ von Evelyne SteinemannKösel Verlag, ISBN 978-3-466-30717-3: 

Ich habe meine sechsjährige Tochter gefragt, ob sie allein war. „Ja klar!“, kam sofort als Antwort. Dann fragte ich meinen elfjährigen Sohn, so ganz nebenbei dasselbe. Seine Antwort war: „Nein, natürlich nicht, der kleine Hans war auch mit dabei. Wir haben zusammen herumgeturnt und das war unglaublich lustig, jetzt fehlt er mir sehr“. Dann erinnerte ich mich, dass ich damals kurz vor Ablauf der zehnten Schwangerschaftswoche eine kleine Zwischenblutung gehabt hatte. Als mein Sohn, der etwas zur Korpulenz neigt, wieder einmal sein Essen in sich hinein schlang, sagte ich ihm: „Du musst nicht mehr für zwei essen“. Er schaute mich an und nickte. 

Biologisch gesehen ist der weibliche Körper je Schwangerschaft nur für ein Kind vorgesehen, so Peter Pharoah, Leiter einer entsprechenden Studie zum Thema, die im Fachmagazin „Human Reproduction“ veröffentlicht wurde. Dass ein Samenkorn überlebt, das andere nicht, ist der normale Lauf der Dinge, den wir in der Natur täglich milliardenfach beobachten können. Schon alleine deshalb sollte die Erkenntnis eines verlorenen Zwillings keine Schuldgefühle bei Betroffenen mehr auslösen, falls dies zutrifft. Auf der spirituellen Ebene war diese Seele, die in den ersten so lebenswichtigen Wochen oder Monaten ständiger Begleiter war, eine Art „Seelenheil“. Vermutlich hatte der Zwilling in seelischer Absprache diese Form der kurzen menschlichen Existenz gewählt, um im Mutterleib dem Geschwisterchen zur Seite zu stehen. Daher darf dieser auch jetzt noch als ein liebevoller Seelenbegleiter wahrgenommen werden. Nachdem erkannt wurde, dass es einen ungeborenen Zwilling gibt, ist dieser oftmals richtig präsent, was auch die Möglichkeit beinhaltet, diesen zu integrieren. Vielleicht als Wissensgeber oder als Schutzengel. Für viele ist es auch einfach nur sehr beruhigend, wenn der verstorbene Zwilling seinen Platz im Leben bekommt, beispielsweise fühlen sich Betroffene gut und geborgen, wenn sie ein Kuscheltier oder ein Kuschelkissen nachts bei sich haben. 

Schwierige Liebesbeziehungen: Es gibt keine Verschmelzung 

Paarbeziehungen können sich mitunter schwierig gestalten, da manche die totale Verschmelzung anstreben, was jedoch in der Dimension des Menschseins schlicht nicht möglich ist. Der Partner wird in diesem Fall irgendwann mit Überforderung reagieren und sich zunehmend abgrenzen (müssen). Wiederum andere verschließen sich total, um keine (unbewusst erwartete) Trennung mehr erleben zu müssen. Vielleicht hat man immer irgendwie das Gefühl, dass irgendetwas an einem zieht, festhält. Beziehungen werden als anstrengend empfunden, als Belastung.

 

 

Man stelle sich vor, beide Partner einer Paarbeziehung erlebten ein ähnliches Trauma im Mutterleib, und beide suchen unbewusst nach ihrem Zwilling. Der Wunsch nach Verschmelzung und Einheit lässt Parallelen zu komplizierten Dualseelenbeziehungen erahnen, und bei genauerem Hinsehen könnte die Dualseelenthematik im Hinblick auf im Mutterleib verstorbene Zwillinge eine völlig neue Dimension annehmen. Da sich beide Partner permanent „unvollständig“ fühlen, ist diese Beziehung früher oder später zum Scheitern verurteilt – wie wahrscheinlich schon viele Beziehungen vorher. Die vermeintliche Dualseele ist in vielen Fällen eine verkörperte Projektion des verstorbenen Zwillings, der so innig geliebt wurde. Diese Suche und das vermeintliche Finden des vermeintlichen (Dualseelen)partners kann nur irgendwann als eine tragische Desillusion enden. Denn kein Mensch kann jemand anderem das Gefühl der Einheit vermitteln, so wie man einst im gemeinsamen Gefühl der geschützten, ozeanartigen Fruchtblase die Zwillinge im embryonalen Stadium verbunden war. Ehe der Tod des einen die Zweisamkeit schockartig beendete. Eine körperliche und seelische Verschmelzung mit einem Partner ist nicht möglich. Wenn jedoch das Zwillingsthema erkannt und beleuchtet wurde, und alleine schon das Wissen darüber kann als sehr befreiend wahrgenommen werden, kann eine Beziehung auf Augenhöhe durchaus gut funktionieren, wenn jedem genug Freiraum eingeräumt wird. Also genau das Gegenteil von Verschmelzung! Dann wird auch die Liebe zwischen beiden eine echte Bereicherung und keine emotionale Qual mehr, die sich oftmals selbst nicht eingestanden wird. 

Viele Menschen kennen auch Beziehungen von sich, oder auch von anderen, die mehr an Geschwisterpaare erinnern. Bei ihnen spielt Sexualität beispielsweise kaum eine Rolle, dafür harmonieren sie als WG-Partner hervorragend. Und viele davon, oder auch nur einer von beiden, empfindet dies auch gar nicht weiter schlimm. Auch kann das Phänomen eines im Mutterleib verstorbenen Zwillings der Grund für die eher auf Harmonie als auf Spannung ausgerichtete Beziehung sein.

Mögliche Verhaltensweisen des „Überlebenden“

Nicht wenige leben den toten Zwilling auf die eine oder andere Weise unbewusst aus. Manch eine(r) verfällt hin und wieder in kindliches Verhalten, andere wiederum verfallen vorübergehend in Verhaltensweisen, die eher für das genau andere Geschlecht „typisch“ sind – falls der verstorbene Zwilling das jeweils andere Geschlecht hatte. Das bedeutet, dass der verstorbene Zwilling nach wie vor sehr präsent ist, jedoch eben nur unbewusst, und Betroffene daher teils große Identitätskrisen durchleben. 

Viele betroffene Menschen haben das Gefühl unsichtbar zu sein und werden tatsächlich in vielen Situationen, sei es im Job, in der Familie oder bei Freizeitaktivitäten von ihrem sozialen Umfeld schlicht übersehen. Dafür sind sie sensitiv, hochsensibel und sehr hilfsbereit. Sie haben die Tendenz, immer mehr zu geben als zu nehmen. Das Geben und Nehmen ist nicht in der gesunden Balance, was dazu führen kann, dass sie sich aufgrund der einseitigen energetischen Belastung oft ausgelaugt, energielos und kraftlos fühlen. Sie empfinden erdrückende Schuldgefühle, die sie nicht zuordnen können, da sie ja derjenige sind, der überlebt hat, was sie aber (bewusst) nicht wissen können. Manche mögen ihre eigenen Geburtstage nicht und verbringen diesen einen Tag am liebsten im Bett. Angst vor Einsamkeit führt oftmals dazu, sich allzu gerne jedem Liebhaber/in hinzugeben, ohne klare Gefühle dabei empfinden zu können, nur um nicht alleine zu sein. Scheinbar grundlos depressive Zustände, völlig unvermittelt, können von einem Moment auf den nächsten auftreten.

 

 

Ein Leben zu führen für zwei, oftmals noch in zwei „Geschlechterrollen“, zehrt an Kraft und Energie, und wird als hohe Belastung empfunden. Nicht wissend, wo diese unbewusste Identifikation als „zwei“ Personen ihren Ursprung hat. Der manipulierte innere Antrieb kann zu exzessiven Aktivitäten führen oder auch zu Lethargie. Manche spüren ihr ganzes Leben einen Druck um den Hals oder den Nacken, haben ständig Rückenprobleme. Symbolisch legt sich die Nabelschnur um den Hals, noch verbindend – aber erdrückend, verschnürend. Auch ein mögliches Versprechen oder ein Gelübde, das man auf ewig zusammen bleibt, füreinander da ist, sich unterstützt, darf friedlich beendet werden. Denn jeder muss irgendwann seinen eigenen Weg gehen, die Liebe zueinander darf selbstverständlich trotzdem bestehen bleiben, im Herzen, im Gleichklang. Ein verstorbener Zwilling würde es sicher wollen, dass es dem Überlebenden gut geht und er keine Schuldgefühle hat. 

Zu Erkenntnis und Klarheit 

Ein Hinweis, dass man im Mutterleib eine gewisse Zeit lang nicht alleine war, kann die Erinnerung an die eigene Kindheit verraten, etwa wenn man sich damals ein Geschwisterchen gewünscht hatte, vielleicht auch ganz konkret eine Schwester oder einen Bruder. Vielleicht können die Eltern befragt werden, wenn man sich an die frühe Kindheit nicht mehr erinnern kann. Familienaufstellungen und der kinesiologische Muskeltest können hervorragend dazu beitragen um festzustellen, ob man einen ungeborenen Zwilling hatte. Klarheit ist notwendig, um mit dieser möglichen Tatsache seinen Frieden zu finden und mögliche Schuldgefühle abzulegen, ohne Spekulationen. Und um zu reflektieren, was das eigene Verhalten, dass möglicherweise eher zu negativen Erlebnissen im Leben bislang führte, mit dem toten Zwilling zu tun haben könnte. Eingefahrene irritierende Verhaltensweisen werden sicher nicht von heute auf morgen verschwinden, aber mit der Erkenntnis über die Existenz des ungeborenen Zwillings kann zumindest der eigene Seelenfrieden hergestellt werden.

Die Erkenntnis ist wie eine absolute Befreiung, kann bestehende Bremsen lösen und den Samen für ein neues Leben bereiten. Es fühlt sich an wie ein Nachhausekommen und ergibt viele Antworten auf das bisherige Leben. Wenngleich für die hier im Artikel aufgeführten Symptome nicht alle unbedingt Begründungen für einen verstorbener Zwilling abliefern müssen. Gründe können auch woanders liegen, dies ist im Einzelfall abzuklären, beispielsweise mit den hier genannten Techniken.

Copyright: © Alex Miller / www.gehvoran.com

Bilder: pixabay.com und Tiffany Combs

 

eBook und Meditation über Newsletteranmeldung

https://www.gehvoran.com/newsletter/

 

Jetzt Teilen: