Eine Heilmethode und ihre Entstehung von Rainer Sauer

Facing möchte keinesfalls den Anspruch erheben, eine neu gefundene, oder gar eine nie zuvor dagewesene neu erfundene Weisheit zu sein. Ganz im Gegenteil ist uns Anwendenden durchaus bewusst, dass uns hier nur eine uralte Wahrheit in neuem Kleide erschienen ist, oder gerade erscheint. Wir haben nichts neues gefunden, nur Altes wiederentdeckt. Die angemessene zeitgenössische Methode hat sich dann letztlich von selbst gezeigt. Eine „leicht“ anwendbare, praktikable Technik, welche in unserer sogenannt modernen Zeit auch einen sinnvollen Platz einzunehmen weiß, hat sich somit gleichfalls in der hier vorliegenden Art und Weise quasi selbst offenbart. Hier ist nichts konstruiert, noch künstlich aneinander montiert, es ist nur das geschehen, was in der Vergangenheit immer wieder geschehen ist. Gewisse Menschen haben eine „universelle Gesetzmäßigkeit“ in der Innenschau erfahren und sie in ihrer Eigenart zu Papier gebracht.

Die Welt urteilt nach dem Scheine,

sagte einst Goethe. „Erkenntnis und Wahrheit sind die Mittel, um frei zu werden“, betonte Rudolf Steiner. „Das Staunen ist der Anfang der Erkenntnis“, hatte lange zuvor schon Platon bekundet. So sagten viele weise Männer und Frauen in den letzten Jahrhunderten eben alle im Grunde genommen ein und dasselbe,

schaut hin und es wird euch aufgetan.

Facing, ist auf eine einfache zeitgemäße Art und Weise nichts anderes, als eben gerade dieses „bloße Hinschauen“, welches hier so deutlich als notwendiges Werkzeug zur Erweiterung der Freiheit des Menschen, von den uns bekannten Philosophen im oberen Text benannt wird. Die offene und ehrliche Betrachtung des Ist-Zustandes, im besten Falle in staunender Weise, öffnet den Raum für die Bewusstwerdung. Facing, die Schau auf den Augenblick, ist letztlich nichts anderes, als das Ankommen im Hier und Jetzt. Die einzige Zeit die wirklich besteht, ist der jetzige Moment und sind wir in dieser magischen Sekunde tatsächlich wahrhaft anwesend, heißt dies auch gleichwohl in uns anwesend zu sein. Auch wenn es dem einen oder anderen schwer fallen mag, einzugestehen, das er oftmals nicht wirklich anwesend ist, nicht anwesend im Moment, sich eben nur identifiziert mit der jeweiligen Situation, und praktisch nur von ihr gelebt wird, ist es für den Prozess der Bewusstwerdung unumgänglich, diese Tatsache zumindest als möglich zu erahnen. Diese Tatsache heißt, wir sind in vielen Augenblicken nicht wirklich da und bei uns und schauen ebenso häufig weg von den Dingen, anstatt sie erwachsener Weise ehrlich zu betrachten. Dies ist das Herzstück des Facing, ein Schritt zurückzutreten, mit offenen Augen hinzuschauen, und zumindest in der Theorie, das Unmögliche für möglich zu halten, um somit den Frei-Raum zu öffnen, der sich hinter unserer vorgefertigten Meinung wohl befinden mag. Mit dieser Methode des unparteiischen Zugewandt seins, offenbart sich „praktisch“ von ganz alleine das Unerwartete. Facing, heißt hinschauen, mit der Bereitschaft, zu SEHEN. Das anzusehen was wirklich ist.

Und wenigstens einmal möchte hier darauf hingewiesen sein, das Methoden, stets nur Methoden sind, Modelle stets nur Modelle bleiben, mögen sie noch so vollkommen ausgearbeitet und theoretisch richtig sein. Mit anderen Worten, mögen die Methoden auch in sich der Logik treu sein und letztlich schlüssig bleiben, das wahre Leben treffen sie nicht. Die theoretische Strategie findet da seine Grenze, wo das richtige Leben beginnt, eben genau im Augenblick, im Hier und Jetzt. So helfen uns Methoden zwar Verständnis und Einblick in die Abläufe des Lebens zu erhalten, aber sind wir erst darinnen im Leben, haben wir die Theorie im Nu vergessen und sie entpuppt sich maximal als einarmiger Krückstock. Im augenblicklichen Leben angekommen, muss jeder für sich selbst lernen, auf eigenen Füßen zu stehen und muss Schritt für Schritt das bereits gewusst/bewusste in den jeweiligen akuten „Handlungsspielraum“ einbringen. Das heißt mit anderen Worten, „Learning by doing“. Wir müssen uns zugestehen Fehler zu machen, um daraus zu lernen –  das berühmte Hinfallen und wieder aufstehen.

Das WIE und Warum des Facing:

Es liegt in der Natur der Dinge, das wir das Facing gewöhnlich meist erst anwenden, eben erst hinschauen, wenn wir uns in einer misslichen Lage befinden, sprich wenn wir unerträglichen Leidensdruck verspüren und somit etwas verändern möchten, bzw, etwas verändern müssen. Ist unsere Schmerzgrenze, somit nach nicht selten langem Martyrium erreicht, schauen wir uns unsere Situation verzweifelt an und suchen nach Lösungen. Wenn wir in dieser Situation nicht mit aller uns zur Verfügung stehenden Ehrlichkeit auf die Sachlage blicken, ist das Erscheinen einer spontanen Lösung eher unwahrscheinlich, wenn nicht gar unmöglich. Hier greift nun das WARUM des Facing, denn es stellt sich die Frage, „warum bin ich hier“, was hat mich hierher gebracht, in diese schmerzbringende verfahrene, scheinbar aussichtslose Konstellation. Facing hält hier ein einfaches Erklärungsmodell bereit, welches eine leichten Zugang des allgemeinen Verständnisses für Jedermann bietet. Das Fragen nach dem warum, ist hier nicht nur trübes Fischen nach vernunftslastigen Erklärungen, sondern stellt die Zusammenhänge von unserem längst zur Gewohnheit gewordenen „Wegschauen“ und den jeweiligen daraus geborenen Ergebnissen, klar zur Schau. „Wir“ nennen die Gründe für unser „wegschauen“ in der Methodik des Facing, Faktoren, die sich gegenseitig bekräftigen und ihr Recht auf Existenz gegenseitig begründen, in ihrer Gesamtheit, den „Kreis der Überlebensstrategien“ (den Teufelskreis). Die Ängste, Verhaltensmuster, Automatismen, das im Grunde genommen uns zwischenzeitlich zum Bekannten und sicheren Gewordene, bestimmt unser Leben, und führt uns geradewegs immer wieder in die selben misslichen Lebenssituationen. Aus einer anderen Perspektive betrachtet, Altgewohntes hält uns im Altgewohnten gefangen, es konserviert uns und hält uns unlebendig in einer Art Stasis geknebelt und wägt uns irgendwie paradoxerweise sogar in pervertierter Form in Sicherheit. Die Liste der Faktoren welche den Kreislauf der Überlebensstrategien bilden, ist sehr umfangreich, und aus Gründen der Vereinfachung, seien hier nur noch einige Wenige mehr, eben diejenigen, die uns besonders wichtig Erscheinenden genannt. Unbedingt sei hier das „Festhalten am Alten“ erwähnt, nämlich der Versuch „Kontrolle über unser Leben zu bewahren“, die „emotionale und körperliche Panzerung gegen mutmaßlich feindliches Eindringen“, und letztlich die uns zugewiesene „Identität“ selbst, die in ihrem starren Erscheinungsbild keine Chance zur Veränderung zulässt. Wer kennt nicht die Worte, „ so bin ich eben“, „das bin ich“, „da kann man eben nichts ändern“, bald jedem ist jenes Bekenntnis bekannt und wohl nahezu jeder hat diese Sätze bereits für sich selbst angewendet, hat sie zu sich selbst gesprochen. Und anhand dieser offenkundig dogmatischen Aussagen, die das Festhalten an unserer sogenannten Identität verkörpern, können wir unschwer erkennen, das hier der Kreislauf der Überlebensstrategien fest in sich geschlossen ist und ein entkommen aus dem Selbigen nicht einmal im Theoretischen möglich macht. Die Grundsituation ist somit eigentlich stets die Selbe, angstberaten entscheiden wir uns, da wir ja uns selbst eingestanden, aus der Misere nicht entkommen können, für eine für uns „sinnvolle“ Überlebensstrategie, zum Beispiel die Kontrolle. Und auf ihrer ureigenen Natürlichkeit basierend, wird diese Schutz-Strategie durch immer kehrende Wiederholung zu unserem begleitend Verhaltensmuster, wird zu unserem täglichen beschützend Begleiter. Diese Überlebensstrategie, gestaltet sich für uns ab einem gewissen Zeitpunkt zum Bekannten, wächst sich zu dem aus, das uns vermeintliche Sicherheit schenkt, wird somit schließlich zum Teil unserer Identität. Ab diesem Zeitpunkt sagen wir dann, „das bin ich“, „das macht mich aus“, daran kann man nichts ändern. In diesem angeführten Beispiel, kontrolliert der Mensch sein ganzes Leben, oder versucht es zumindest, und es fällt ihm in seiner selbst entschiedenen Blindheit, irgendwann gar nicht mehr auf, das er zwischenzeitlich der Kontrollsucht verfallen ist. Anstatt sich einzugestehen, das er sein Leben nicht kontrollieren kann, eben auf das eigentlich offensichtliche hinschaut, macht er einfach immer wieder das Altgewohnte, er hält mit allen Mitteln fest, an seiner selbst erschaffenen Illusion der Kontrolle. Wenn Hürden, oder Hindernisse sich in seinen Weg stellen, welche objektiv betrachtet eine potentielle Bewusstheit, (seine bewusst Wertung) ermöglichen, nimmt er diese nicht als konstruktive Herausforderung wahr, sondern pflegt dem altbewährten“Wegschauen“ den Vortritt zu geben. Anstatt sich seine Unfähigkeit, Kontrolle über das Leben zu besitzen einzugestehen, füttert er weiterhin mit all seiner ihm zur Verfügung stehenden Energie seine Kontrollmechanismen, die ihm vorgaukeln, das er in Sicherheit ist. Hier können wir mit Leichtigkeit nachvollziehen, wie der Mensch sich im Kreise der Widrigkeiten dreht und wendet, und sich wohl in aller Ewigkeit auch weiterdrehen mag, wenn er sich diesen aussichtslosen Umstand nicht eingestehen möchte. Mit anderen Worten, er wird sich endlos im Kreise drehen, wenn er nicht im Hier und Jetzt anhält, einen Atemzug nimmt, im Körper ankommt und das Fliehen aufgibt. Eben somit, das ziellose umherirren im Teufelskreis beendet und sich dem jeweiligen augenblicklichen Ist-Zustand hingibt, sich die Realität anschaut, eben Facing betreibt. Ab hier sprechen wir nun vom „WIE“ des Facing, von der Technik, die uns erlaubt, zu erkennen, zu SEHEN und SELBSTBESTIMMT weiter zu gehen. Eine Methode, die uns erstens ins Jetzt katapultiert, ebenso gleichwohl hinein bewegt in die Annahme, und uns zweitens erkennen lässt, das wir uns tatsächlich in einem Kreislauf der Überlebensstrategien befinden. Und uns auf wundersame Weise schließlich in die Lage versetzt, von hier aus, in einen Kreis der Öffnung und Zuversicht zu treten. Dieser „Kreis der Öffnung“ ist uns meist recht unbekannt, dünkt uns möglicherweise suspekt, oder scheint uns vielleicht noch gar nicht existent. Doch es sei versichert, einmal wahrhaft in der Situation des „Kreislauf der Überlebensstrategien“ angekommen, die Situation in ihrer eigen Wirklichkeit betrachtet, eben unsere Ohnmacht wirklich eingestanden, entwickelt sich in uns die Fähigkeit das noch unbekannte Unentdeckte außerhalb des „Kreislaufes der Überlebensstrategien“ zu erahnen. So befremdend dies sich auch anfänglich anhören mag, das wahrhafte ankommen in der Realität der Finsternis, das ehrliche aufgeschlossene Hineinblicken ins Dunkle, öffnet in gewisser Weise ebenso auch unsere Augen für das potentiell Helle, für das Licht. Doch solange wir in der blinden Sicht der Illusion gefangen sind, unser Leben kontrollieren zu können, bleibt uns dieses Unbekannte verborgen. Die Ohnmacht, (das Eingeständnis unserer Machtlosigkeit) das sei an dieser Stelle insbesondere betont, öffnet hier eine uns zu diesem Zeitpunkt„noch“ geheimnisvolle Tür, welche ungeahnte Kräfte und universellen Unterstützung den freien Eintritt in unser Leben gewährt. Über diese besagte Kraft der Ohnmacht, werden wir in einem noch folgendem eigenen Kapitel noch detaillierter eingehen. Für das jetzige Verständnis ist es nur wichtig, das es einerseits notwendig ist, im besagten Falle, unsere unbändige Angst zu sehen, dieser undurchsichtigen Ohnmacht ins Angesicht zu blicken, eben unseren Widerstand zu erkennen, der eben stets verhindern möchte, das wir unseren Kontrollverlust eingestehen. Es eben unumgänglich ist, vor uns selbst zuzugeben, das es unser eigener Widerstand gegen das Hinschauen ist, der uns den Weg in das Land der neuen Möglichkeiten versperrt.

Und es andererseits für möglich zu erachten, das gerade diese von uns so gefürchtete Ohnmacht, angeschaut und angenommen, wenn wir uns ihr kampflos hingegeben, Kräfte in sich birgt, die unsere wahre Begegnung mit unserem Selbst erst ermöglicht und sogar maßgebend fördert. Eben die potentiell generelle GUTHEIT der Ohnmacht, zumindest in nähere Betrachtung zu ziehen. Das “Wie“ des Facing, spricht hierbei, von der sich zeigenden und anwachsenden Fähigkeit, des hinaus schreiten können aus dem Kreislauf der Überlebensstrategien, hinein in den Kreis des Unbekannten, nicht zuletzt bemächtigt durch die übersinnlichen Kräfte die in diesem Unbekannten wohnen. Dies bedeutet, wenn wir diesen Kreis des Gefangenseins tatsächlich offen betrachten, ihn „facen“, wenn wir diesem „Kreislauf der Überlebensstrategien“ in unserer tief eingestandenen Ohnmächtigkeit entgegensehen. Wenn wir unserem Hang zu flüchten, unserer Gewohnheit wegzuschauen Einhalt gebieten, offenbart sich hier auf natürliche Weise unsere innewohnende Fähigkeit einen Kreis der Öffnung zu erahnen und im nächsten Schritte sogar in ihn einzutreten. Das Schauen, das facen, ist das Hinausschauen in das, was vermeintlich noch größer ist als die gefürchtete Ohnmacht, das hinausblicken in das uns bereits Erwartende, in das uns noch unbekannte Unentdeckte. Das heißt, das unsrige in Betracht ziehen, des uns potentiell liebevoll Unterstützende, gibt dem Kreis der Offenheit, die Freiheit uns entgegen zu treten, gibt ihm das Anrecht für uns als Existent zu erscheinen. Nur durch das Schauen in die Ferne, das Schauen ins vermeintlich Unbekannte, öffnet sich uns eine Kraft der Bestärkung, der Zuversicht. Das „Wie“ des Facing, meint hier das bloße hinschauen in den dunklen Raum des IST-ZUSTANDES und die gleichzeitig daraus geborene Schau in eine mögliche hellere Realität. Eine lichtere Realität, die zwar zuerst nur in der Unbekanntheit existieren mag, doch dennoch definitiv existiert. Eine Realität, der eben ganz natürlich, Weisheit, Offenheit, Individualität, Selbstbestimmung und nicht zuletzt die Liebe zugrunde liegt. Diese Realität nennen wir im Facing, „den Kreis der Öffnung“, jene Welt in deren Kräfte, Fähigkeiten und Möglichkeiten existieren, die uns, sind wir erst hinein getreten in den Selbigen, als absolut reale Wahrheiten offenbart werden und uns in nie geahnter Art und Weise empfangen, schützen und auf unserem weiteren Weg der „Selbstbewertung“ unterstützend begleiten. Hier angelangt, werden wir auf natürlichste Weise, einem weiteren Aspekt des Facing begegnen. Wir werden von ganz alleine Einblick erhalten, auf das wahre Wesen unserer Existenz. Wir werden die Wirklichkeit, das Leben, das Sein bestaunen und wahrhaftig am fortlaufenden Wunder unseres Verwandlungsprozesses teilnehmen.

Die Drei Kreise der menschlichen Wesenheit

Wie bereits in ersterem Kapitel erwähnt, sollten wir nie aus den Augen verlieren, das die hier erwähnte dreischichtige „Kreisschematik“ nur ein Modell ist. Und somit in dieser Modellhaftigkeit, das menschliche Leben und seine Interaktionen, keineswegs allumfassend repräsentieren kann, sie eher eben selbstredend das Menschsein auf eine kleine überschaubare Skizze reduziert. So sollte jedem bewusst sein, das wir das Menschsein, eben auf diese methodische Weise niemals in seiner Ganzheit erfassen können. Und dies ist ja eben auch der Sinn der Sache, einen überschaubaren Plan zu zeichnen, dem wir als konstruktives Hilfsmittel auf unserem Weg zu uns selbst folgen können. Diese Kreise repräsentieren weder das ganze Sein des Menschen, noch beinhalten sie alles was wir über den Menschen wissen können. Und erklären selbstverständlich auch nicht, wie wir als Individuen tatsächlich im alltäglichen Leben fühlen, denken, erfahren und handeln. Und letztlich wissen wir schon gar nicht, was als jeweiliges Ergebnis sich letztlich in einem jeden Menschenleben im Wechselspiele von theoretischem Wissen und praktischer Anwendung offenbart, da wir das komplexe Zusammenspiel aller Komponenten niemals überschauen werden. So bleibt es in einem positiven Licht gesehen, stets ein offenes, ein abenteuerliches Projekt, das unsrige Leben und hängt nicht zuletzt von unserer Bewusstwerdung und der täglich Umsetzung unseres Wissens ab. Ein Leben im Heute, das im großen und ganzen auf unserer Entscheidungsfreudigkeit beruht, denn was nützt schon ein großes Wissen, ohne die folgerichtige Handlung. Nichts desto trotz, hoffen wir jedoch, das wir die wichtigsten Eckpfeiler des menschlichen Interagierens, seine Aktion- und Reaktionsmuster mit seiner Innen und Außenwelt, ausreichend definiert und benannt haben und auch das menschliche Spielfeld zwischen diesen Eckpfeilern Transparenz schenkend umrissen haben. Die folgenden Kapitel erläutern und beschreiben somit die einzelnen Kreise, als in sich selbst funktionierend und zeigen jeden einzelnen Kreis selbstverständlich ebenso mit den anderen Kreisen in seiner Wechselwirkung. Die einzelnen Faktoren der Kreise, werden dann darauf folgend, Kapitel für Kapitel aufgegriffen und best möglichst in ihrer „alleinstehenden“ Funktionsweise beleuchtet. Und ein letztes Mal zur allgemeinen Erinnerung betont, hierbei besteht keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit.

Zwei Beispiele der Faktoren des Kreislaufes der Überlebensstrategien:

Identität

Die meisten Menschen, sind wohl der Ansicht, das die Identität eine feste Größe ist und das dies, was wir glauben von glauben zu wissen, eben diese Größe bestimmt. Wir sind oftmals der festen Überzeugung das wir ganz genau wissen, wer wir sind und das wir eben so sind, wie wir nun mal sind. Wir gehen mit unter „ohne es jemals Hinterfragt zu haben“ davon aus, das wir gewisse Charakteraspekte zu eigen haben und die Summe dieser Eigentümlichkeiten uns als Persönlichkeit aus macht. Wir gehen hier bei „Facing“ mit dem Begriff Identität etwas sorgsamer um und stellen fest, das dies was wir Identität nennen, nichts Geburtsgegebenes ist, sondern zumeist etwas erlerntes, etwas das wir uns angeeignet haben. Gewiss gibt es auch Eigenschaften, die wir auf spezielle Art und Weise unsere Eigentümlichkeit nennen können. Jedoch, beim genaueren Hinsehen fällt uns auf, das wir zum Großteil aus unreflektiert „Angenommenen“, unsere Identität wie ein Mosaik zusammen setzen. Zum Beispiel Glaubenssätze unser eigen nennen, obwohl sie ganz einerlei, ob positiv oder negativ etikettiert, doch nur Ideen sind die uns anhaften und wir keinesfalls diese einseitigen Dogmen unser Eigentum nennen können. Wir uns mit diesen Aussagen jedoch so stark identifizieren, das sie zu einem scheinbaren fest dazugehörenden Teil unserer Persönlichkeit erwachsen. Ebenso, benennen wir gewisse Verhaltensmuster, als unsere definitive Identitätsmerkmale die uns ausmachen, als ob Jene in Granit gemeißelt wären, sehen sie unangezweifelt, als einen Teil von uns selbst an. Mechanismen und Automatismen, geben sich einmal tiefer hinterfragt, als uns nicht wirklich Zugehöriges, geben sich als „nur“ gewohntes Verhalten zu erkennen, das auf lebenslang erprobte Weise, unsere Ängste und unsere Bedürftigkeit bestmöglich zu stillen vermochte. Weil wir es eben bisweilen gewohnt waren, mit diesen uns gewohnten Mitteln, auf das Leben und dessen Anfrage zu antworten. Mit anderen Worten, „uns Gewohntes“, „uns Bekanntes“, fügen wir liebend gerne zu unserer Idee von Normalität hinzu, passen wir ohne Reflektion in unser Bild der Realität ein und wir verwechseln diese angenommen Eigenschaften allzu schnell mit unserer Identität. Weiterhin identifizieren wir uns auch leichthin mit unseren alltäglichen Erlebnissen. Deren Erfahrung und Ergebnissen wir, mag es uns gefallen, oder nicht, ebenso als einen zu uns gehörenden Teil des Lebens einordnen. Wir glauben, „das sind wir“, was wir erleben, unsere Erfahrung scheint eins zu sein mit uns, und so werden unsere tägliche Erfahrung zu unserer Identität. Wir identifizieren uns mit allem, was wir glauben, fühlen, denken und nennen dies sodann mit großer Überzeugung unser „Ich“. Doch letztlich, sind wir keineswegs was wir uns als Summe aus Glaubenssätzen, Erlerntem, Erfahrenem zusammen addieren, wir sind ganz im Gegenteil, das BEWUSSTSEIN, das dies alles beobachtet, wahrnimmt und erfährt. So können wir wohl getrost schlussfolgern, die sogenannte Identität ist etwas Angeeignetes, etwas Austauschbares, aber vor alledem nichts Absolutes. Identität, ist eine Schutzkleidung, die uns Sicherheit vermitteln soll, aber uns vor allem in ihrer erstarrten unbeweglichen Version, die Freiheit des klaren Sehens, des Staunens, des puren Erlebens nimmt. Individualität im Gegensatz zur Identität, benennt eine Größenordnung, die tatsächlich bezeichnet, was wir wahrhaft als Talent, als Gabe, als menschlich charakterliche Facetten, ins irdische Leben mitgebracht haben, sie gibt uns eine Vorstellung von dem Individuellen, das uns wirklich „Eigen“ ist. Individualität beinhaltet Faktoren, die eben nicht beliebig austauschbar sind, und aus diesem Grunde, zumindest für diese unsrige jetzige Lebenszeit, feste Größen für unsere Persönlichkeit bedeuten.

Angst

Im Grunde genommen, können wir der Einfachheit halber bedenkenlos generalisieren, das die maßgebend nährende Kraft in unserem Leben, die Liebe ist. Die Angst, auf der scheinbaren gegenüberliegenden Seite, ist wohl die größte uns hemmende Kraft andererseits. Es mag etwas plakativ klingen, aber im Großen und Ganzen, trifft diese grundlegende simplifizierende Aussage, den berühmten Nagel auf den Kopf. Die Liebe steht stets auf unserer Seite, ruft uns ins Leben, lässt uns entfalten und wachsen, führt den Menschen zu sich, pflegt und hegt unser gemeinsames Gedeihen. Wir kommen auf die Erde, werden in die irdische Hemisphäre hinein geboren aus Liebe und streben ein Leben lang, ihre immer während Anwesenheit an. Die Liebe ist stets das befruchtende Element in allem was entsteht, wächst und letztlich wieder vergeht. Auf der anderen Seite, steht die Angst an sich, als quasi Gegenspieler der Liebe. Die Angst ist hier ein „universales Element“, das eigentlich stets bewusst, oder auch unbewusst als zentrale Wachstumsbehinderung wirkt. Uns in jeglicher Hinsicht ein Hindernis ist, das unserem „erwachsen Werden“ im Wege steht. Schon von Geburt an, vermutlich bereits im vorgeburtlichen Zustand, erlebt das menschliche Wesen, eine Spaltung, eine Trennung, sagen wir eine gewisse Einsamkeit/Verlassenheits-Odysse, die individuelle Schreckensszenarien in jedem von uns auszulösen vermag. Hier vermuten wir den erstmaligen Auftritt der uns so wohl bekannten und treu bekleideten Angst. Unsere Antwort ist stets, eine ausgefallene Strategie der Kontrolle, die unser Überleben sichert.

Die gesunde Angst, nimmt hier selbstverständlich eine Sonderstellung ein und es sollte einem Jeden klar sein, das von dieser uns schützenden natürlichen Angst hier nicht die Rede ist. Ganz im Gegenteil sprechen wir hier von der Furcht, von der Angst in mannigfaltiger Gestalt, die uns nicht nur als hemmende, sondernd auch als treibende Macht beeinflusst. Ein recht einflussreicher Dunkelheit liebender Ratgeber, der uns nicht selten auf heimtückische Weise in die Destruktivität hinein drängt. Diese Angst zügelt uns einerseits Dinge zu tun, die wir gerne tun möchten und spornt uns andererseits an, Dinge zu tun, die auf unser ganzes Sein auf zerstörerische Weise einwirken. Die Angst hält uns stets an kurzer Leine, sie reagiert allergisch auf jede mögliche Veränderung und potentielles Wachstum und reagiert vor alle dem, sensibel-allergisch auf die Anwesenheit der Liebe. Ihre Gegen-Reaktion ist stets ein, „in uns real erlebtes Endzeit-Szenario“, das in uns ein Gefühl, gemischt aus Hoffnungslosigkeit, Resignation, Unvermögen und Minderwert hervorruft. Die Angst lässt in uns Bilder entstehen, die in uns, als Notreaktion ein Festhalten, Zurückhalten, ein Kleinmachen,  ein sich verschließen, bewirkt. Aus Angst, haften wir über alle Maßen fest am uns Bekannten, suchen Sicherheit, in den uns scheinbar Gefahrlosigkeit spendenden Verhaltensmuster, wir halten fest an dem uns Altbekannten, sogar wenn wir dessen „Suboptimalität“ längst erkannt haben. Aus Angst, greifen wir zur Kontrolle, halten uns verzweifelt an unserer Identität fest, schauen weg, wenn wir hinschauen sollten. Aus Angst verschließen wir uns vor der natürlich Verwandlung, dem Leben, der Liebe, verschließen uns vor alledem, vor uns selbst. Ihre maßgebende Rolle in unserem Leben zu sehen und als unleugbarer „angenommener Anteil“ unserer Identität einzugestehen, ist ein wichtiger Faktor in unserer Selbstfindung und Selbstwertung. Die Angst, als ein uns fremdbestimmendes Element in unserem Leben anzuerkennen, ist notwendig für unsere bewusste Hinbewegung zur Selbstbestimmung. Sich auf den Weg machen, weitergehen, weiter wachsen, kann man schließlich nur von diesem Ort ausgehend, an dem man sich im Hier und Jetzt auch tatsächlich befindet. Und meistens stehen wir, eben etwas genauer hingeschaut, nun mal auf diesem besagten kleinen Fleckchen Angst, das uns von exakt diesem Platz aus maßgebend bestimmt. Und nur von hier aus, können wir bewusst weitergehen, wenn wir die Angst als treibende Kraft anerkennen und ihre Macht mit Bewusstheit aushebeln. So sei betont, Angst beeinflusst unser Leben viel öfter als wir das wohl vermuten würden, denn oft regiert die Angst diffus aus dem Verborgenen. Es geht selbstverständlich hierbei nicht nur um unser Eingeständnis, das die Angst tatsächlich in uns existiert, obschon dieses Eingeständnis an sich schon enorme Auswirkung haben mag. Indessen, es geht hierbei eben auch um das unsrige Erkennen, das Sie zumeist irreal ist, unberechtigt, übertrieben, ohne logische Grundlage, wenn nicht sogar unsinnig ist. Und es geht hierbei auch weiterhin um unsere Einsicht, das wir uns verschließen, zurückhalten, uns dem Leben verweigern, nicht etwa weil wir nicht wollen, nicht können, nicht fähig sind, sondern weil wir Angst vor dem Unbekannten haben. Die Angst lässt uns nur einen kleinen Teil von uns selbst erkennen, lässt uns nur einige wenige Facetten unserer Ganzheit erblicken. Sie lässt uns nur einen winzigen Anteil unserer Möglichkeiten sehen, lässt uns nur einen Ausschnitt der Welt an sich erblicken. Sie beschert uns mit einer fatalen Betriebsblindheit, einer, wird sie von uns nicht mit Bewusstheit und Entscheidungskraft aufgehalten, voranschreitenden Blindheit, für unserer unbegrenztes Potential des Erlebens. So ist es selbsterklärend von enormer Bedeutung, das wir einerseits die Verantwortung übernehmen, uns unsere bewusst, oder auch unbewusst bestehenden Ängsten einzugestehen, und sie auch anderseits, in unserem täglichen Erleben, mit Mut und Geduld als illusorisch zu enttarnen, um sie somit zu entkräften. Denn nur wenn wir der übergroß erwachsenen Angst, das Zepter der Tyrannei aus der Hand nehmen, und uns trotz Ängsten und Befürchtungen für die Liebe öffnen, kann auch die Liebe in unserem Leben ihren rechtmäßigen Raum einnehmen.

Drei Beispiele der Faktoren vom Kreis der Öffnung:

Selbstliebe

Selbstliebe ist wohl mitunter das wichtigste Vehikel, das uns auf dem Weg zu unserer Freiheit und Selbstbestimmung vorwärts trägt. Sie ist definitiv die größte Kraft die uns bewegt, motiviert unterstützt und schützt. Vielleicht ist sie gar die einzige wahrhaftig bestehende Kraft, die uns vom Überlebensmodus, in das „richtige“ Leben zu führen weiß. Und es mag uns auch nicht verwundern, das ebenso wichtig und unverzichtbar Sie auch für unser persönliches Wachstum sein mag, so definitiv Sie eine zentrale Rolle in unserer spirituellen täglichen Arbeit einnehmen muss, das Sie auch im selben Umfang missverstanden wird. Oftmals wird sie als Ichbezogenheit, Eigensucht, Narzissmus, eben als blinde Selbstverliebtheit verkannt und erwächst somit gar zu einem indiskutablen Tabuthema, mutiert in dieser veränderten pervertierten Gestalt oftmals zu einer gesellschaftlichen Unmöglichkeit. So muss hier auch betont werden, das Selbstliebe keineswegs mit den voran genannten Attributen verwandt ist und das ohne die Selbstliebe, kein Weg zur persönlichen Freiheit führt. Denn etwas kritischer betrachtet, führt uns das ganze allgemein anerkannte Streben nach Außen, führen unsere verzweifelten Versuche in der Welt unsere Erlösung zu finden, geradewegs von unserer persönlichen Freiheit, von uns selbst hinweg. Und es liegt somit nahe, das der Pfad der Befreiung einzig und alleine „durch uns“, und zu uns selbst gegangen werden kann. Und es sicher auch zunehmend einleuchtend, das dieser uns vielleicht befremdliche Weg, gewiss nur mit Mühe und Achtsamkeit beschritten werden kann, aber in letzter Konsequenz in Liebe zu uns führen muss. Die Selbstliebe, unterliegt hierbei keiner „Kannbestimmung“, ist ganz im Gegenteil in Punkto Selbstfindung ein „absolutes Muss“, ohne Sie, können wir unmöglich unserem Selbst begegnen. Das Facing, das Hinschauen, meint hier nichts anderes, als das chronische Wegschauen von uns selbst zu stoppen, unser hinaus sehnen in die Welt bestmöglich einzustellen, um mit liebevollen Augen auf uns Selbst zu blicken. Facing heißt hier, liebeserfüllt uns selbst zu sehen, Verständnis und Mitgefühl für uns selbst zu entwickeln, um gegebenenfalls zu erkennen, das wir die wichtigste Person in unserem Leben sind. Uns sodann eingestehen, das wir einerseits der wichtigste Mensch in unserem Leben sind, aber auch anderseits gerade das Wesen sind, welches wir, ein Leben lang vernachlässigt, übersehen, vielleicht sogar missbraucht und am Leben gehindert haben. Selbstliebe bedeutet hier, unser inneres Leiden, unseren Seelenschmerz, die Trauer über unsere Selbstverleugnung, möglicherweise die ganze Tragik unserer persönlichen Hölle zu fühlen und uns liebend in die eigenen Arme zu fallen. Selbstliebe gibt hier die Richtung an, ist Ausgangspunkt und Ziel. Und in dieser von der Liebe vorgegeben Richtung befindet sie unser Selbst, befindet sich wiederum die Liebe von der wir empfangen werden. Alle Wegweiser rufen unsere Aufmerksamkeit in uns, durch uns, zu uns, rufen uns in das Innen. Es ist unbestreitbar, zu uns müssen wir kommen, bei uns müssen wir sein, wenn wir wahrhaft Kontakt zu uns Selbst und zur Außenwelt auf nehmen möchten. Die Richtung weist also nicht in die Ferne, Sie zeigt mit unmissverständlicher Geste auf das uns Nahe und Intime. So postuliert die Selbstliebe nicht das hinausziehen in die weite Welt, das Fliehen nach Außen, sondern rät das heimkehren zu unserem wahren Selbst, ruft nach der ersehnten Ankunft in unserer wahren inneren Heimat. Hier und Jetzt, in unserem Körper Zuhause erwartet uns die Liebe, die transzendentale Liebe, das ist gewiss, doch auf unserem Weg nach Hause, benötigen wir die Liebe zu uns Selbst. Nur mit ihrer Unterstützung, können wir uns den Widrigkeiten, den Herausforderungen, und den nicht selten traumatischen Erfahrungen stellen, denen wir auf diesem zumeist steinigen Weg nach Innen begegnen. Selbstliebe ist die einzige Macht, die uns durch die persönliche Hölle, in unseren irdischen Himmel der Freiheit führen kann. Hier angelangt, in unserem „inneren heiligen Raume“, löst sich das sogenannte Selbst in Wohlgefallen auf, wie es schließlich von den meisten mystischen Traditionen seit Jahrtausenden prophezeit wird, hier im „Sanctum“ bleibt übrig nur die LIEBE selbst.

Selbstreflexion

Die Selbstreflexion, ist wohl die mitunter wichtigste Art und Weise des „Hinschauens“ beim Facing. Und wenn auch die meisten Menschen wohl „im besten Glauben“ behaupten mögen, das ihnen die Fähigkeit der Selbstreflexion selbstverständlich zu eigen ist, sind die wenigsten tatsächlich, willig oder fähig sich ehrlich selbst anzuschauen. Man sieht zwar sich selbst agierend, sieht die Ergebnisse und Konsequenzen die verursacht werden, doch lebt man gewissermaßen gleichwohl unbeteiligt in seinem alltäglichen Erleben. Die Ursachen und Beweggründe, sucht und sieht man bei sich nicht, schaut hingegen dabei nur auf die Anderen. Die Ursachen für das akut Erfahrene, vermutet man stets im Außen, vermutet man in der Welt, bei anderen Menschen, in der Politik, in den Religionen und weigert sich während dessen vehement, in sich selbst hinein zu blicken. In der Methode des Facing, machen wir uns genau dieses „auf uns selbst blicken“ als nützliches Werkzeug zu eigen. Und das heißt mit anderen Worten, ich betrachte mich in bestmöglicher Ehrlichkeit selbst, im besten Falle in einer Stimmung der Neutralität und sehe meine Eigenbeteiligung an den Dingen, Situationen, an meinem Erlebten, usw. Ich schaue auf mich, sehe mein Mitwirken, in den Gedanken und Handlungen, einerseits im Vorfeld der Situationen, anderseits in mitten der Aktionen und dies, ganz ohne die Beteiligung des Außen irgendwie mit ein zu beziehen. Das mutmaßlich Recht und Unrecht, die sogenannt Pflicht, Pflichtvernachlässigung, Verantwortung, oder die Verantwortungslosigkeit der Anderen haben mich hierbei nicht zu interessieren. Ich schaue auf mich, schaue auf mein Inneres und es versteht sich von selbst, das ich dabei nicht gleichzeitig auch noch die Außenwelt betrachten kann. In der Selbstreflexion geht es nur um mich, um meine Gefühle, meine Gedanken, mein Verhalten. Es gilt zu erkennen, was ich fühle, denke und tue, unabhängig vom auslösenden Element. Und zu durchschauen, wie ich mit dem daraus resultierenden „meinigen Handeln“, mich und die meinige Welt beeinflusse. Ich bin derjenige der Ja und Nein sagen kann und ich bin auch derjenige der letztendlich in meinem Leben das jeweilige Ja und Nein ausspricht. Wenn ich also zum Beispiel in der Selbstreflexion erkenne, das ich aus Rebellion, aus Wut, aus Verletztheit ein Nein sagte, ist das ein erster Schritt in Richtung Bewusstwerdung. Und ich kann dann vielleicht gar im nächsten Schritt, falls ich meine quasi Fremdbestimmtheit durch meinen emotionalen Zustand eingestehe, erkennen was ich wirklich will, kann möglicherweise unter diesem groben „Nein“, versteckt ein zartes „Ja“ entdecken. Eine darunter verborgene Zustimmung, die mir im eigentlichen viel mehr zugehörig ist. Oder ich erahne zumindest falls das Nein ja doch stimmig ist, das die unklare Motivation die unbewusst dahinter steht, für ein nicht erwünschtes Ergebnis verantwortlich ist. Ich kann dann möglicherweise sogar ein-sehen, das ich für das jeweilige Ergebnis definitiv verantwortlich bin. Verantwortlich für das, was aus diesem „meinigen Nein“ resultierte. Kann erahnen, welch alternatives Ergebnis vorgestellter Weise, ein potentielles „Ja“, oder eine auf-geklärte Motivation, für mich bereit gestellt hätte. Im besten Falle kann ich mich, mein Fühlen, Denken, und mein Verhalten in der nächsten kommenden Situation, genauer anschauen, die eine oder andere unterschwellige Motivation enttarnen, die in diesem Augenblick nicht meinem wahren jetzigen Wollen entspricht und mich fragen was ich hier und jetzt wirklich will. Es ist wohl offensichtlich das wir ohne Selbstreflexion nur Spielball unserer Ängste, Befürchtungen, unserer Wünsche, und unserer Bedürfnisse sind. Die meist unbewussten emotionalen Motivationen, lassen uns offenkundig immer wieder in einem Ping-Pong Spiel der Aktion und Reaktion wieder finden. Selbstreflexion ist ein wunderbares Mittel das uns zur jeder Zeit zur Verfügung steht. Uns äußerst effektiv zu Diensten ist, um diesen Kreislauf der Fremdbestimmtheit, die Tretmühle der „alten in uns wohnenden Szenarien“ zu unterbrechen. Hier haben wir ein nützliches Werkzeug in den Händen, um uns Selbst besser kennen zu lernen, um letztlich Neues, noch Unentdecktes zu tun, um Neues zu erfahren.

Vertrauen

Vertrauen beginnt oft damit, dass wir ahnungsweise in Betracht ziehen können, dass die Welt sich auch ohne unser Zutun, ohne unserem unaufhörlichen Handeln, sogar auch ohne unserer zahllosen Kontrollmechanismen, weiter drehen mag. Es beginnt nicht selten damit, das wir zumindest ansatzweise die vielleicht neue Sichtweise in uns etablieren, das viele Dinge auch von ganz alleine geschehen, kommen und gehen, sich manches gar von ganz alleine gebärt. Sich die Welt ganz ohne unser zutun weiter entwickeln und verwandeln kann und sich dies letztlich auch unbestreitbar in der alltäglich erfahrbaren Realität verifizierbar, offen zu zeigen vermag. Vertrauen ist in anderer Hinsicht auch ein Hauch von einer Erleichterung schenkenden Ahnung, das es etwas Größeres zu geben scheint, das uns im Leben zu Rate und Beiseite steht. Zu erahnen, das da möglicherweise eine übergeordnete Führung existiert, die in uns, und Außerhalb von uns, unser Bestes will und auch für dieses zukünftige Gut Sorge trägt. Vertrauen ist eine realistische Ahnung vom Guten und Konstruktiven in allem, ist eine berechtigte Vermutung, das alles irgendwie doch Sinn macht. Vertrauen bedeutet auch, Vertrauen in die eigene Größe und Kraft, in die eigenen Fähigkeiten zu zulassen. Und eben paradoxerweise gar die Gewissheit zu haben, die fast magisch anmutenden Fähigkeit zu besitzen, mit der eigenen Unfähigkeit zurecht zu kommen. Dies heißt auch, darauf zu vertrauen, das wenn wir „Einen unserer Schritte“ gehen, wir gleichzeitig von alles verflechtenden Kräften mit genommen sind und somit gar„Neun von Zehn Schritten“ für uns gegangen werden. Dies heißt mit anderen Worten, das wenn wir „Altes“ loslassen, oder auch ins Unbekannte springen, getragen und aufgefangen werden, heißt, das wir auch in Notlagen geschützt und geborgen sind. Letztlich ist der subtilste Aspekt des Vertrauens, für möglich zu erachten, das Vertrauen vertrauenswürdig ist, das Vertrauen angebracht und etwas natürliches ist, auch wenn wir uns vielleicht gerade im Nebel des Misstrauens befinden. Anzunehmen, das unsere Vertrauens-Bedürftigkeit, als auch unsere tatsächlich existierende Vertrauens-Fähigkeit, etwas durchaus Reales und Berechtigtes ist, auch wenn das Leben auf der Erde, tatsächlich die eine oder andere Gefahr in sich birgt. Vertrauen beinhaltet auch das Wissen in sich, das wir selbst richtig sind, und in jedem einzelnen Augenblick optimal ausgestattet sind, um in unser zukünftiges „Ich“ hinein zu erwachsen. Richtig sind, eben exakt so wie wir sind, das wir mit all unseren Ecken und Kanten, Stärken und Schwächen, gerade so die vollkommene Form besitzen, die unsere Individualität eben ausmacht, uns liebenswert macht. Das wir darauf Vertrauen können, das wir geliebt sind, so wie wir sind, uns letztlich auch ohne „wenn“ und „aber“ selbst lieben können, unabhängig von Geschlecht, Rasse, Hautfarbe, unabhängig, von Besitz, Begabung, Aussehen und Leistungsfähigkeit. Nun zu guter letzt, das lässt sich wohl schwerlich leugnen, versteht man unter dem Begriff „Vertrauen“ weit mehr, als das plakative Werkzeug der Vernunft, man eben trotzdem tut, obwohl man eigentlich an ein Scheitern glaubt. Diese eng gefasste Definition kommt dem Vertrauen als treuen Aspekt und Diener der Liebe nicht im entferntesten nahe. Wir sprechen hier nicht vom groben Verstandeswerkzeug, das man all zu gerne in Glückskeksen, oder in der psychologischen Beratung in den Tageszeitungen findet. Man versteht unter der Qualität des Vertrauens weit mehr, als das man vernunftbegabt beide Augen fest zugedrückt und blind annimmt, das einem selbst „vielleicht“ auch mal Besseres geschehen könnte. Ganz im Gegenteil, Vertrauen ist das Wissen um das unsichtbare „Gute“. Das Gute das sich zeigt, wenn wir uns bewusster Weise öffnen und uns von unserem Bedürfnis nach Liebe leiten lassen.

Drei Beispiele der Faktoren des inneren Kreises

Wirklichkeit

Wenn auch die meisten Menschen behaupten mögen, das sie ganz zweifellos in der Wirklichkeit existieren, selbstverständlich nichts als die absolute Realität wahrnehmen und fast schon folgerichtig gewiss auch, das erleben einer Scheinwelt als Unmöglichkeit, für sich ausschließen würden. Ist es doch in „Wirklichkeit“ so, das wir nur ein erdachtes Abbild der selbigen Wirklichkeit wahrnehmen. Wir sind nicht wirklich im Hier und Jetzt anwesend, oder zumindest nur recht selten, und somit hat das von uns  Wahrgenommene auch nur bedingte Anwesenheit in unserem augenblicklichen Erleben der Realität. Wie kommen wir also nur, zu dem doch zweifellos infantilen Rückschluss, das wir in einem doch oft vorwiegend bestehenden alltäglichen „außer sich sein“, doch anderseits voll und ganz innen in der Wirklichkeit den Raum einnehmen, um dann weiterhin zu behaupten, sie sogar ganz und gar, also in ihrer objektiven Ganzheit wahrzunehmen. Würde denn jemand die abstruse Behauptung aufstellen, wenn er eines seiner beiden Augen geschlossen hat, das er desto trotz dreidimensional schauen kann und damit die zweidimensionalen Bilder die er nun mal in diesem Falle sehen würde als Realität ableugnen, gewiss nicht. So ist es um ein anderes Beispiel zu Rate zu ziehen, oftmals der Fall, das Wir, wenn wir etwas mit den Augen ansehen, es nur halbherzig tun, halbgeschlossen, halbgeöffnet, eben nicht im Hier und Jetzt offen sind uns von dem vor uns erscheinenden Bild berühren zu lassen, sondern in zumindest teilweiser Abwesenheit eigentlich gar keine wirkliche Begegnung mit dem Angeschauten ersuchen und somit auch nicht finden können. Eben etwas anschauen, und dabei nicht das momentane Bild betrachten, sondern nur eine abgespeicherte Version unseres Gedächtnisses anblicken, uns nicht in der momentanen ganz akuten Wahrnehmung befinden, sondern mit unserem Gedächtnisspeicher das Bild ansehen, welcher die Ähnlichkeit zum schon zuvor erlebten und „Altbekannten“ erkannte, und dieses alte unlebendige Bild darüber stülpt. Und ich betone in Wiederholung das bereits Gesagte, wir sehen also das „alte“ von unserem Gehirn bereits berechnete und im Gedächtnis abgespeicherte Bild, wir sehen nicht die unmittelbare Wirklichkeit. Im chronischen Schmerzerleben, geschieht ähnliches. Unser Körper merkt sich den Schmerz und wiederholt Ihn ohne Grund, sobald er einen vielleicht unbedeutenden Impuls erhält, der ihm diese „logische“  Antwort als Empfehlung gibt. Der eigentlich schmerzfreie Augenblick, wird mit der alten Version des Schmerzes aus unserem Gedächtnis überblendet und wir erleben dadurch im Momente, Schmerz als unsere Realität, aber ist dies die Wirklichkeit. Ebenso ereignet sich dies Phänomen mit unseren Gefühlen, die uns oft genug, nicht die aktuelle Situation unseres Fühlens widerspiegeln, sondern nur eine alte eingeprägte Emotion wieder aufleben lassen, das vom aktuellen „nichtgefühlten“ Gefühl aktiviert wurde. Mit anderen Worten, die alte uns wohlbekannte emotionale Version, wird durch einen akuten Vorfall getriggert und wir geben somit der alten Emotion dann den Lebens-Raum in unserem akuten erleben der Realität, verhindern somit selbstredend das unsrige natürliche Fühlen des Momentes, anstatt der akuten Gefühlsantwort Wirklichkeit zu schenken. So darf man ohne umschweife gewiss behaupten, wir leben zumeist in einer Welt, die wir uns selbst zusammen basteln, die wir als „Second Hand Welt“ der eigentlich echten Welt vorziehen, die wir sozusagen der Wirklichkeit als Schutzkleidung überstülpen. Und um es mal harmlos auszudrücken, wir sind somit meist von der akuten wahrhaftigen Erfahrung, des Hier und Jetzt getrennt. Jenes, was wir also Realität, oder Wirklichkeit nennen, ist oft nur ein Schatten, ein Nachhall der Vergangenheit, oder manchmal, ein befürchtetes Szenario das uns zukünftig mutmaßlich ereilen möge, wir erleben also oft nur Szenen der Vergangenheit und der Zukunft, die wir in den jetzigen Augenblick projizieren. Dies was wir als sogenannt momentane Realität erleben, ist also eher ein Produkt, ein Konstrukt unserer Gehirne, unseres Gedächtnisspeichers, als das wahrgenommene Erlebte, welches gerade „wirklich“geschieht. Die Wirklichkeit ist definitiv eine sehr fragile Komponente der menschlichen Erfahrung. Und an ihr teilzuhaben, ist dem Menschen nur möglich, wenn er „wirklich“ bei sich ist, sich selbst ist, letztlich sich Selbst, als losgelöst von seinen Altlasten erleben kann, um dem Augenblick wahrhaft zu begegnen. Wenn er, mit unter erkennen und sich eingestehen kann, dass seine subjektive Realität, meist nur ein konstruiertes Gefüge seiner Wünsche und Befürchtungen ist. Und er mag eintauchen in die Wirklichkeit, wenn Er sich im Hier und Jetzt, seiner unzensierten offenen Wahrnehmung hingibt, bei derer er die empfangende Erfahrung, in keinster Weise zu kontrollieren sucht.

Wenn der Mensch nur im geringsten das Plateau der hundertprozentigen Hingabe an den Moment verlässt, nicht wirklich bereit ist zu sehen was ihm die Wirklichkeit zeigen möchte, zieht die Wirklichkeit sich alsbald zurück und der Vorhang der selbst geschaffenen Vorstellungen und Illusionen senkt sich darüber, und fällt auf die Bühne des Seins. Der Vorhang unserer Ideen und Bilder, unsere Vorstellung wie die Welt zu sein hat, hat im Nu die Wirklichkeit erneut bedeckt und wir sehen dann nur noch das, was unser Wünschen und Fürchten, uns als Realitäts-Option vorzugaukeln vermag. Da wir uns zumeist auf der Bühne der selbst ausgedachten, in der von uns im Gehirn berechneten Realität bewegen, ist der sicherlich ungewohnte Kontakt mit der Wirklichkeit meist ein sehr beeindruckender und intensiver, das mag an dieser Stelle, gewiss niemand mehr verwundern. Nach dieser Erst-Erfahrung der Wirklichkeit, unseres Erlebens des tatsächlichen Seins im Moment, Sein, mit all unseren wahren Anteilen, dem Sein im Hier und Jetzt, sind wir nicht mehr die Selben. Und nach dieser Selbsterfahrung als spirituelles Wesen, mit menschlicher Erfahrung, können wir den Unterschied zwischen Wirklichkeit und berechneter Realität kaum noch leugnen. So ist es selbstverständlich in unserem Bewusstwerdungsprozess auch sehr wesentlich, das wir kontinuierlich an unserer Wahrnehmungsschulung arbeiten. Das wir, sei es durch Meditation, oder anderen spirituellen Werkzeugen, geduldig üben den Augenblick aufzusuchen, uns beharrlich schulen, bei uns zu sein, also immer wieder versuchen im Hier und Jetzt anzukommen, damit wir in die „unmittelbare Erfahrung der Wirklichkeit“ herein gebeten werden können. Denn dann, können wir mit dem Wissen, das es tatsächlich eine wahrhaftigere und größere Wirklichkeit gibt, uns liebes motiviert auf unserem Weg der Bewusstwerdung weiter bewegen. Von hier an, werden wir dann, im unterstützenden und bestärkenden Beisein der WIRKLICHKEIT, auf ganz natürliche Weise in unsere sich stets weitende und komplexer werdende Ganzheit hinein wachsen. Denn in der Wirklichkeit zuhause zu sein, bedeutet letztlich im niemals anhaltenden Lebensfluß zu existieren, im steten Wandel zu sein, der uns immer wohl gesonnen und unsere Lebendigkeit bejahend mit in unsere Zukunft nimmt.

Leben

Was wir in Facing „Leben“ nennen, ist das komplexe Erfahrung – und Wahrnehmungsspektrum, welches uns als menschliche Wesen zur Verfügung steht. Und dies ist weit mehr, als die körperliche Existenz auf Erden, weit mehr als die tägliche Nahrungsaufnahme, essen, trinken, und das pure überleben, und auch weit umfangreicher als die unentwegte Anhäufung von Wissen und Fähigkeiten. Leben, bedeutet nicht nur, geboren werden, sterben, und die dazwischen liegende Anhäufung von Zufälligkeiten. Es ist ganz im Gegenteil eine Art und Form der Wahrnehmung, in der wir stets durch die  naturgegeben fortdauernde alltägliche Erfahrung, die Sensibilisierung, für die „Ganzheitlichkeit der Selben“ fördern. Leben ist der fortlaufende Prozess des geboren Werdens, des Sterbens, der Verwandlung. Ist der Ausdruck von Transformation in Allem, die Neuordnung im Überall, ist das Atmen im ganzen Universum, Atemzug pro Sekunde, Leben vollzieht sich augenblicklich. Das heißt, Leben bedeutet in diesem Sinne für uns Menschen, die bewusste Teilnahme, an diesem universellen Geburts-und-Sterbespektakel. Im Leben drinnen sein, frei von unseren erdachten Bildern, frei von unseren Träumereien, unseren Befürchtungen, im Leben sein, heißt hier, unschuldig den sakralen Moment des Gebärens erfahren können. Leben bedeutet auch, uns selbst wahrzunehmen, als eigenständig existierendes Individuum, einerseits abgetrennt von allem, frei gelassen eben aus der Ganzheit, und andererseits gleichsam unsere untrennbare Verbundenheit mit den Dingen, mit unserer Umwelt zu fühlen, zu wissen. Hier geht es einerseits, um eine Durchdringung, ein hinein gehen in das uns umgebende Leben, als quasi aktives Element, ein hinein entscheiden in die Unkontrollierbarkeit des Lebendigen, und andererseits, um das Empfangende, das passive Element, um die Bereitschaft, vom Leben mitgenommen, gespiegelt, vielleicht gar verändert zu werden. Am Leben sein, ist die höchste und intensivste Erfahrungsform des menschlichen Wesens und ist dies insbesondere auch gewiss, durch die bewusst erfahrene Anwesenheit des Todes. Die Unkontrollierbarkeit des Lebens, unsere Machtlosigkeit der unvorhersehbaren Lebendigkeit gegenüber, und den Tod als steten Begleiter an der Seite des Lebens zu sehen, sind wesentliche Punkte, die unser Leben bestimmen. Wenn wir aber diese unumstößliche Tatsachen beginnen zu leugnen, absurder Weise versuchen das Unkontrollierbare zu kontrollieren, es stirbt die Lebendigkeit Stück um Stück und wird ersetzt vom „sicheren „erdachten Leben“. Unsere „hausgemachten Illusionen“ warten an jeder Straßenecke auf uns und wenn wir nicht bereit sind, unentwegt die Lebendigkeit zu huldigen, nehmen unsere illusorischen Vorstellungen vom Leben umgehend ihren Platz ein. Um so mehr wir also versuchen, dem Leben seine Lebendigkeit zu nehmen, nämlich lebensbejahende Unkontrollierbarkeit mit Verstandeskontrolle zu bekämpfen, verlieren wir gleichzeitig uns Selbst und unsere ungetrübt kostbare Lebenserfahrung, des uns durchdringenden Lebens. Die wahre Lebendigkeit zu spüren, in sich zu wissen, sie zu erleben, ist ein überwältigendes Erlebnis, das uns von Kräften ahnen lässt, die weit über unser Fassungsvermögen hinaus wirken. Und verbunden zu sein, mit jenen Urkräften, verbunden zu sein mit uns, mit dem Leben an sich, ist selbstredend nur zu beantworten, mit großer unmittelbar erfahrener Dankbarkeit und Freude. Das Leben kann man nicht machen, nicht herstellen, noch tatsächlich beeinflussen, man kann letztlich nur bereit sein, daran teilzunehmen. Die Kriterien die der Anteilnahme zugrunde liegen, Anforderungen die für das Teilnehmen Notwendigkeit zeigen, sind hier klar umschrieben. Vorne an, ist hier die Liebe, die Bereitschaft, die Hingabe zu benennen, nicht zuletzt, ist auch die Achtsamkeit von Nöten und die bewusste Entscheidung, sich bedingungslos auf das Leben einzulassen. Leben ist eine Interaktion, ein stetiger Austausch inzwischen Mensch im Innen und Außen, zwischen Mensch und Umwelt, Transfer und Wechselwirkung mit allem Existierenden und Nicht-Existierenden. Es ist eben weit mehr, als das geboren werden eines Körpers, sein wachsen, gedeihen und sein anschließendes Vergehen. Leben, ist die bewusste Teilnahme am universellen Prozess vom Leben und Sterben, und des darinnen wohnenden Lebendig Seins.

Sein

Das Sein ist einfach und simple ausgedrückt, das pure Existieren im Augenblick. Es bezeichnet die blanke unschuldige Existenz an sich. Wahrnehmen, erfahren, fühlen, berührt sein, in Begegnung sein, in Gleichzeitigkeit des komplexen Miteinander. Sein, in der paradiesisch Art und Weise, ohne Vernunft und Erkenntnis. Es ist die Anwesenheit im Jetzt, in gleichzeitiger Abwesenheit von Analytik und Interpretation, ohne die akute Zwanghaftigkeit das Erfahrene in logische Systeme einordnen zu müssen, ohne Versuch und Bedarf des Verstehens. Das Sein braucht nur die naturhafte Präsenz des Menschen, erfordert nur seine aktiv/passive Bewusstheit, benötigt nur des Menschen Fähigkeit zur lebensbejahenden Teilhaftigkeit. Das Sein, begehen wir mit allen Sinnen, erleben, erfahren, fühlen wir, auf allen Ebenen, in Körper, Geist und Seele. Es ist eine ganzheitliche Begegnung mit uns selbst und mit allem was uns umgibt, getragen von einem Gefühl der Geborgenheit und Verbundenheit. Wir hören und spüren zum Beispiel im Seins-Modus unseren Lebenspuls rhythmisch in uns pochen, hören unser Blut durch die Adern fließen und gleichzeitig, ist es als ob wir dabei den Herzschlag des ganzen Universums hören könnten, den Puls des Weltalls vernehmen, das uns behütend umgibt. Das Sein, ist eine komplexe Erfahrung der Verbundenheit mit Allem. Man betrachtet beispielsweise eine Blume, sieht, riecht, schmeckt möglicher Weise, wie diese Rose in ihrer Schönheit verweilt, doch man sieht im Sein die Blume nicht nur, nimmt nicht nur ihre Äußerlichkeit wahr, man wird irgendwie selbst zur Blume. Und die Freude über diese Schönheit, als auch die Sinnlichkeit die wir dabei erleben, des Lebens Schönheit und Vollkommenheit, die wir einerseits sehen und andererseits in uns selbst spüren, durchströmt dabei unmittelbar jede unserer Zellen. Das Sein ist keine oberflächliche Betrachtung von Außen, kein studierend Anschauen eines Dinges vom unbeteiligten Dritten und ist ganz und gar nicht, der verzweifelte Versuch einen Augenblick als Unveränderlichkeit zu konservieren. Im Sein, fusionieren Objekt und Subjekt, Einer mit dem Anderen, im Sein, verschmelzen Betrachter und Betrachtendes miteinander und gebären somit eine Einheitserfahrung, vollkommene Momente im Hier und Jetzt, die in einen nicht festzuhaltenden Fluss aneinander gereihter Augenblicke mündet. Das Sein ist Liebesakt mit allen Dingen, ist Verschmelzung mit dem Moment, mit der Ewigkeit, ist die wahrhafte und lebendige Anteilnahme an der Wirklichkeit. Und ich könnte jetzt wohl noch tausende schöne Worte suchen und finden, um die Beschaffenheit, das Wesen des Seins zu beschreiben, doch bliebe es allenfalls eine mehr oder weniger gelungene Umschreibung dessen, was letztlich nicht beschreibbar ist, sondern einfach nur erfahrbar. Also lasse ich es einsichtiger Weise auf den relativ wenigen Worten dieses Kapitels beruhen und wünsche dem Leser, bzw, der Leserin, alsbald eine Kostprobe des Erfahrens, von jenem unbeschreiblichen Phänomen, das wir SEIN nennen.

Ein kleines Schlusswort

Wenn wir also nun zum Abschluss, auf Grund all der gesammelten Fakten, ich hoffe doch, einen gewissen Überblick für das hier vorgestellte therapeutische Modell gewonnen haben. Und die Technik und die Methodik, des Facing in ihrer Einfachheit anschauen, ist uns nun bestimmt bewusst, das es sich hier in dieser Heilarbeit, im Eigentlichen, um das einfache Präsent sein, um das unsrige tatsächliche reale Anwesend sein handelt. Und im weiteren, hier nur die unsrige ernsthafte Zuwendung erfragt ist, in jeder Stunde, an jedem Ort und auf jede bezogene Thematik. Wir sind uns also an diesem Punkt wahrscheinlich einig, das unser Zugeneigt sein erbittet ist, eben alles in uns, sich nach dem liebevollen Zugewandt sein, sich sehnt. Wir uns die Dinge eben anschauen müssen, ganz unabhängig davon, ob wir wollen oder nicht. Das uns letztlich nichts anderes übrig bleibt, als das wir ins Angesicht treten mögen, mit uns, mit einem Thema, mit einem Gefühl, letztlich mit der Realität an sich, wenn wir eine Veränderung in unserem Leben bewirken wollen. Erfragt ist, das wir unsere Augen öffnen, unsere physischen Augen zum einen, damit wir erkennen können, was um uns herum tatsächlich geschieht. Aber selbstredend insbesondere zum anderen, auch unsere inneren Augen auf Öffnung stellen müssen, nämlich jene des Herzens, des Wissens, der Intuition. Wir müssen uns ehrlich eingestehen, das wir im alltäglichen Erleben, das zur Gewohnheit gewordene Wegschauen, zur meisterlichen Leistung perfektioniert haben und andererseits, das allzu notwendige Hinschauen, verweigert und letztlich verlernt haben. Facing, ist somit Synonym, mit dem Ankommen im Hier und Jetzt, mit der Ankunft in der Echtzeit, ist Synonym, mit dem Ankommen in uns, in unserem Körper, im gerade vorhanden Gefühl, in der gerade stattfindenden, unsrigen Realität. Es ist das Staunen in den Augenblick hinein. Und im eigentlichen ist die Anwendung des „Facing“ einfach und unkompliziert. So ist zum Beispiel, die Zeitspanne eines tiefen Atemzuges, das bewusste Atemholen, damit wir einen gewissen Abstand, von der Identifikation des gerade Geschehenen erreichen mögen, manchmal genüge, um die Dinge klarer zu sehen. Und in bestem Falle, können wir mit ein wenig Übung in seiner Anwendung, mit ein wenig mehr Gelassenheit in uns ruhen, und aus dieser gewonnenen Distanz heraus, mag eine beobachtende innere Instanz geboren werden, die wir gerne reines Bewusstsein nennen wollen. Von der Position dieser distanzierten überblickenden Bewusstheit heraus, können wir das Facing in jede uns beliebige Richtung anwenden. Nur durch das betrachten unserer negativen Glaubenssätze, unserer Verhaltensmuster, Ängste, Zwänge, Kontrollinstanzen, usw, wird uns meist so einiges klar, was noch kurz zuvor im trüben Lichte lag. Und nicht selten wird uns relativ schnell bewusst, dass wir uns in einem selbstbestätigenden, selbstbekräftigenden Kreislauf der Überlebensstrategien befinden. Das Facing beinhaltet in diesem Falle, auch die notwendigen Schritte, der Befreiung aus diesem Kreislauf der endlosen Wiederholungen, sprich, dem sich herauslösen, aus dem sich selbst bestätigenden Teufelskreis der Überlebens-Strategien. Von hier aus schauen wir nämlich einfach weg vom Bekannten, vom mutmaßlich bekannten Sicheren, das uns in der Starre hielt, schauen hin zum Unbekannten, das gewiss Neues und Hilfreiches in sich beherbergen mag. Wir wenden uns der Liebe zu, unserer Individualität zu, unserem Recht zur Selbstbestimmung, wenden uns unserer Verletzlichkeit zu, neigen uns, nicht zuletzt zu unserer Ohnmacht hin, die uns, haben wir sie gar ganz akzeptiert, auf wunderliche Weise mit großer Erleichterung beschenken mag. Vielleicht möchten wir sogar behaupten, das das arbeiten mit Facing, an sich, im Grunde genommen, immer nur dahin führen mag, das wir Anschauen und Annehmen müssen, das wir größtenteils dem Leben gegen über ohnmächtig sind. Mit anderen Worten zu erkennen, uns einzugestehen, das die meisten Dinge in unserem Leben, nicht von uns beeinflussbar sind. Und in dieser erübten offenen Begegnung mit der Ohnmacht, darinnen mag offensichtlich auch die größte Kraft und Wirksamkeit von Facing liegen. Da in der Akzeptanz unserer Machtlosigkeit, die Tore weit geöffnet werden, hierbei letztlich  Offenheit entsteht, Zuversicht geboren wird, das etwas Größeres und Unerwartetes zur Wirkung kommen kann. Dies mag sich gerne bis hin zum sogenannten Wunder ausweiten, es mögen sich hier ein manches Mal Dinge ereignen, die wir gewiss in die Kategorie Unvorstellbar einordnen können. Zur Klärung und zur Verdeutlichung, möchten wir ein kurzes Beispiel aufgreifen, um das gerade Angesprochene vielleicht verständlicher zu machen. Nehmen wir zum Beispiel, unsere geliebte Neigung, vielleicht auch besser gesagt, die uns nicht selten begleitende leichte Zwanghaftigkeit, uns an unserer sogenannten Identität festhalten zu wollen. Und der daraus sich ergebende verständliche Nebeneffekt, eben um jeden Preis, diese uns Sicherheit vermittelnde Identität aufrecht erhalten zu müssen, komme was wolle. Dazu mag erwähnt sein, das unsere sogenannte Identität, sprich Persönlichkeit, hauptsächlich, wenn nicht sogar vollständig aus Bausteinen, unserer Glaubenssätze, Erfahrungen, Überzeugungen, Ängsten und Wünschen, eben aus erdachten und aus Erfahrung geformten Bildern, zusammengefügt ist und keineswegs, unser wahres Selbst benennt, oder gar bezeugt. Sind wir während des ersten, elementaren Schrittes des Facing, bereit uns ehrlich anzuschauen, bereit einzugestehen, wo wir uns tatsächlich befinden, sprich, sind wirklich bereit, in diesem Augenblick unsere zerbrechliche Fassade, unsere Identität neutral zu begutachten, dann mag es geschehen, das durch diese wahre offene Darauf-Sicht, eine große und scheinbar unüberwindbare Mauer der Ohnmacht vor uns erscheint. Dies ist oft eine erschreckende bestürzende Erfahrung und wird aus diesem Grunde relativ verständlich, ebenso oft mit Flucht beantwortet. Tatsächlich birgt diese Erfahrung allerdings, so erschreckend sie auch sein mag, eine große kraftvolle Auferstehungs-Energie in sich, die uns mit dem noch Unbekannten, mit der dahinter liegenden Realität, sprich dem Leben an sich in Berührung kommen lässt. Wenn wir bereit sind, hinter die Mauer der Machtlosigkeit zu blicken, kommen wir möglicherweise mit etwas in Kontakt, mit etwas Unbekanntem in intime Berührung, welches unserem wahren Wesen weitaus näher ist, als die besagte Identität. Geboren ist just in diesem Moment, ein Einblick in unsere Individualität, unsere Einzigartigkeit, die wahrscheinlich ein weitaus facettenreicheres Eigenleben aufzeigt, als unsere sogenannte Identität. Und in jener unserer „Individualität“ wohnt der SELBSTBETIMMENDE Mensch. Dies Beispiel mag verdeutlichen, das eine einfache unkomplizierte Anwendung des Facing, recht schnell zu überaus effektiven Erfolg leiten kann. Sich in seiner Einzigartigkeit selbst zu berühren, sich vielleicht gar, das erste Mal im Leben so wahrhaft nahe zu sein, mag einem Wunder gleich kommen, dies steht außer Frage.

Ihr Rainer Sauer

Buchtipp:

 

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