Transformation zum Unternehmer

Als ich mich mit 18 selbstständig gemacht habe, in dem ich mir einen kleinen Gewerbeschein im Rathaus beantragte, war ich im klassischen Sinne selbstständig. Alles hing von mir selbst und meiner Leistung ab. Man konnte auch nicht davon sprechen, dass ich eine Firma hatte, denn ich hatte nicht einmal einen Namen. Gestatten, Julien Backhaus, höchstpersönlich. Als ich begann, meine Marketingstrategien an Unternehmen in der Region zu verkaufen, machte ich alles selbst. Alle Abteilungen der „Backhaus Firma“ hatten genau einen Mitarbeiter – mich. Ich war ein typischer Fachidiot, ebenso wie ein Zahnarzt, der sprichwörtlich von der Hand im Mund lebt: Wenn er nicht im Mund des Patienten zugange ist, verdient er auch nichts.

Die meisten Selbstständigen wollen irgendwann die Transformation zum Unternehmer schaffen. 


Der Traum davon, nicht mehr alles selbst machen zu müssen und trotzdem dabei Geld zu verdienen. In meiner Zeit als Werber ist mir das nie gelungen. Meine Agentur hatte zwar Mitarbeiter, große internationale Kunden und Geld, aber alles hing weiterhin von mir ab. Auch als ich den Zeitschriftenverlag gründete, anfangs parallel, war ich the one and only. Ich habe die Texte besorgt, die Gespräche geführt, die Grafiken und Layouts vorbereitet, die Anzeigen akquiriert, den Vertrieb gesteuert und die Kundenkommunikation übernommen. Meine Freundin, die später meine Frau wurde, war meine erste Festangestellte, die die Verwaltung übernahm. Denn dort hatte ich zuvor für ordentlich Chaos gesorgt. Wenn ich etwas nicht kann, ist es Verwaltung.


Mitarbeiter zu haben gab mir einen ersten Einblick, was es heißt, nicht mehr für alles selbst verantwortlich zu sein. Hier beginnt die Transformation zum Unternehmer, denn ein solcher lernt, zu delegieren. Aufgaben an jemanden abzugeben und nur noch oberflächlich für diesen Bereich ansprechbar zu sein. Aber man werkelt nicht mehr selbst herum, um etwas zustande zu kriegen, sondern Mitarbeiter verantworten dies nun. Und da kommt eine große Hürde für die meisten Selbstständigen, die zu Unternehmern werden wollen. Denn sie müssen Verantwortung an jemanden abgeben und sie ihm auch zugestehen. Es liegt in der Natur der Sache, dass jemand anderes Dinge auf andere Art und Weise angeht. Dies zu akzeptieren, gehört zu den ersten wichtigen Aufgaben. Auch die Fehler zu tolerieren, die dabei entstehen, gehört zum Prozess. Manchmal lässt man Mitarbeiter sogar absichtlich gegen die Wand laufen, weil sie es anders nicht lernen. Man selbst musste schließlich auch gegen Wände laufen, um es zu verstehen. Um schwimmen zu lernen, muss das Kind ins Wasser. Es führt kein Weg drum rum. Ebenso verhält es sich mit Mitarbeitern.


Ich stellte langsam immer mehr Mitarbeiter ein, um alle Abteilungen zu besetzen. Dabei habe ich mit Teilzeitkräften begonnen, weil es finanziell besser zu tragen war und ich gelesen hatte, dass eine durchschnittliche Vollzeitkraft nur vier oder fünf Stunden effektiv arbeitet. Der Rest ist Kaffee holen, mit Kollegen sprechen und Facebook. Daher machte es Sinn, meine Angestellten vier Stunden unter Strom zu setzen und anzutreiben. In diesem frühen Stadium war das sogar sehr effektiv und die Rechnung ging auf.

Eine Sache, die mir sehr schwer dabei fiel, war meine Qualitätsansprüche zu senken. 


Da ich nun nicht mehr selbst die Grafiken erstellte und Layouts baute, sondern Mitarbeiter, die das alles etwas anders sahen, musste ich mich daran gewöhnen, dass ich nur noch einen Teil meiner Wünsche erfüllt bekam. Über den Rest musste ich wegsehen. Es ging nicht anders, denn einen Mitarbeiter zu finden, der exakt so denkt wie man selbst, ist unmöglich. Die Hürde für den Unternehmer ist, sich nicht mehr in jede Kleinigkeit einzumischen. Sicher, ich werde nie aufhören, meine Vorstellungen und Prinzipien durchzusetzen – schließlich steht mein Name drauf. Aber in vielen Details habe ich meine Toleranz erhöht. Nur so schafft man die Transformation zum Unternehmer. Nur, indem ich Fehler zulasse und nicht sanktioniere, kann ich einen lebenden Organismus erschaffen, der als Unternehmen eigenständig funktioniert. Ich bin gerne Unternehmer und bringe gerne meine Ideen ein, muss aber auch akzeptieren, dass Mitarbeiter ihre Verantwortung auf ihre eigene Art und Weise ausleben wollen.


Ihr Julien Backhaus


Julien Backhaus ist Medienunternehmer und Zeitschriftenverleger. Er gründete vier erfolgreiche Kapitalgesellschaften und gibt mehrere Magazine heraus. Dazu gehören ERFOLG Magazin und founders magazin. Außerdem ist er Autor des Buches ERFOLG – Was Sie von den Super-Erfolgreichen lernen.



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Bild von Julien Backhaus: Ronny Barthel

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